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Frankfurter Allgemeine Heft 18 / Juli 1980 - Fellini
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Frankfurter Allgemeine Heft 18 / Juli 1980 - Fellini

Titelbild: Fellini und - die Frauen: Der italienische Regisseur ist besessen von einem Thema, und nicht nur in seinen Filmen. Ob vor oder hinter der Kamera, ob Telefon oder der Pressekonferenz — er redet, filmt oder kritzelt sich seine Passion von der Seele

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Original Inhaltsbeschreibung:

  • Über Leute
  • Mehr als ein Seelsorger: der Gottesmann vom Autohof Sterzing Frank Gotta Fotos Calle Hesslefors, Andre Reiser
  • Die Zypressen sterben: die Toskana stirbt mit Joachim Fest Fotos Erwin Fieger
  • Ausgemalte Passion: das Frauenbild des Federico Fellini Wilfried Wiegand Zeichnungen Federico Fellini
  • Kalender der Woche
  • Warenwelt: Solarien Horst-Dieter Ebert
  • Cartoon: ABC-Geschichten Hans Hillmann
  • Fragebogen Hans Magnus Enzensberger
  • Schach Roswin Finkenzeller
  • Matchbox: Worum geht's? Gurkenstein
  • Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Streichholzspiel
  • Titel Zeichnung Federico Fellini

Bäume sind von Natur aus grün

Als die zarte Pitys einst keine Rettung mehr für ihre verfolgte Unschuld sah, wurde sie von den gnädigen Göttern in eine Pinie verwandelt, und als Cyparissus, wie der Sohn des Telephus ganz zufällig geheißen hat, vor Gram über den fahrlässig verursachten Tod seines Lieblingspferdes sterben wollte, wurde er samt Kummer zur Zypresse. Das ist die Chose mit der Metamorphose und dem-Happy-End. Seitdem, drückte sich Max Liebermann einmal malerisch aus, steht die Pinie wie ein aufgeklappter, die Zypresse wie ein zugeklappter Regenschirm in der südlichen Landschaft. Der eine spendet Schatten, der andere gliedert die Landschaft. Beide werden gebraucht. Doch bald brauchen wir, um uns an derlei zu erinnern, die Ma-ler und die Fotografen: Der Stamm-Baum der Toskana nämlich hat wenig Chancen sich fortzupflanzen, und wo die Zypresse noch lebt, stirbt sie bereits langsam, aber todsicher.
Schon 1946 hatten Chemiker den bösartigen Krebs und ein schädliches Insekt entdeckt, doch die Naturschützer und Forstleute mochten nicht vom Baum der Erkenntnis essen. Erst heute geht man gar für einzelne Bäume auf die Straße oder steigt trotzig in deren Krone; den Ordnungshütern, die die Baumfreunde dann ein-zeln vom „Straßenbegleitgrün" pflücken müssen, kommen sie mit dem trotzigen Moses-Spruch: „Du sollst die Bäume nicht verderben" (5. Mos. 20,19). Und so retten sie hierzulande vielleicht eine ganze Allee. Wunderbar.
In der Toskana aber ist kaum noch etwas zu retten, hier muß die ganze „grüne Architektur" dran glauben, weil kein Wunder mehr geschehen kann. Die befallenen, „immergrünen" Zypressen färben sich auf verräterischen Infrarotbildern blau, in natura aber gefährlich rot und wandeln sich so vom etruskischen Flammen-Symbol zum augenfälligen Fanal eigenen Sterbens: Man legt die Axt an die alte Wurzel und die Lunte an den kranken Stamm.
Nach den Kastanienwäldern in Amerika (Meltau), den Ulmenalleen in England (ein Gift-Pilz) nun die Zypressen-Haine in Italien! Der Baum des Cyparissus kommt auf keinen grünen Zweig mehr, er hinterläßt uns nur noch dessen Trauer.

Udo Pini

Heft Nr. 18 / vom 4 Juli 1980

Seitenanzahl: 39 Seite

FAM-DE.1980.nr.18

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