Frankfurter Allgemeine Heft 19 / Juli 1980 - Das Motorrad
Titelbild: Freiheit, die sie meinen: Spritztour mit sechstausend Touren je Minute. Die Zweisamkeit auf dem Zweirad ist zu einem Sinnbild sinnlicher Freuden geworden. Locker, luftig, lässig: Das Motorradmotiv vom Meeresstrand läßt nicht nur Männerherzen höher schlagen. Immer mehr Frauen steigen auf die Feuerstühle — und nicht nur als Mitfahrerinnen. Das Motorrad, einst das Fortbewegungsmittel des kleinen Mannes, wurde in den letzten Jahren zum großen Freizeitspaß. Und das kann man dabei erfahren: Fünfzig Pferdestärken auf zwei Rädern sind billiger und williger als eine Pferdestärke auf vier Beinen.
Original Inhaltsbeschreibung:
- Über Leute
- Chanson auf deutsch: Sylvia Anders und Justus Noll Rüdiger Diezemann Fotos Klaus Bossemeyer
- Das Schloß im vergessenen Land: Rastbach und das Waldviertel Siegfried Diehl Fotos Cornelia Hilger
- Vom Genießen: Hanumans Gelächter Thomas Ross, Illustration Hans Hillmann
- Chopper zum Träumen: Motorrad-Mode in Kalifornien Rolf Heggen Fotos Olivier Martel
- Kalender der Woche
- Cartoon: ABC-Geschichten Hans Hillmann
- Fragebogen: Willy Millowitsch
- Schach Roswin Finkenzeller
- Matchbox: Worum geht's?
- Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Streichholzspiel
- Titel Olivier Martel
Schlüssel, Schloß und falsche Schlüsse
Vom Schlüssel einen Begriff zu geben, braucht’s keinen Schlüsselbegriff. Form wie Funktion erschließen sich aufs unmittelbare Hinsehen und Umdrehen - im Schloß. Mit dem freilich, sprachlich betrachtet, ist die Unmittelbarkeit schon am Ende. Jemandem ein Schloß vor den Mund zu legen, schafft Frieden; ihm ein Schloß zu Füßen zu legen, schafft dagegen Freuden - es sei denn, wofür dies Magazin im Waldviertel ein Beispiel weiß, das Schloß schafft seinerseits, altersbedingt, Verdruß. Doch sollte dieser Blick in eine vergessene Landschaft nicht zu grundsätzlich falschen Schlüssen verleiten.
Was heute wegen der beiden auseinandergerückten Hauptbedeutungen für ein kleines Sprachspiel gut ist, war alt- und mittelhochdeutsch noch dicht beisammen. Seit dem dreizehnten Jahrhundert kann das Schloß im Sinne von Verschluß auch die feste Burg meinen, wobei, wie die Wissenschaft aufgeschlüsselt hat, Schloß in der Bedeutung von Burg sowohl passivisch als „Verschlossenes“ wie aktivisch als „Sperrbau“ beispielsweise an einer Talenge zu begreifen ist. Erst die Renaissance mit ihrem Hang zum Überschwang ließ angesichts der Paläste von Fürst und Adel zu, daß die Sinne schwanden. Was Wunder, wenn auch der Wortsinn von der Burgfeste verblaßt und das Schloß sich als Prunkbau wiederfindet, wo jetzt ganz andere Feste gefeiert werden.
Doch ob Schloß oder Riegel: Zutritt schafft allein der Schlüssel (siehe Abbildung). Er ist, wenn auch vom Rost schon angefressen, ebenso der Schlüssel zur Erkenntnis, Seite um Seite aufzuschließen. Zufallen "dürfen sie dann von allein.
Hans Dieter Seidel
Heft Nr. 19 / vom 11 Juli 1980
Seitenanzahl: 31 Seite
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