Frankfurter Allgemeine Heft 22 / August 1980 - Boule
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Frankfurter Allgemeine Heft 22 / August 1980 - Boule

Titelbild: Rund und griffig: Eine Kugel macht noch keinen Sommer. Aber durch Boule wird der Sommer erst schön. Im satten Klacken der Stahlkugeln klingt mehr an als ein Freizeitvergnügen: Boule, aus dem Süden Frankreichs importiert, ist ein Ausdruck entspannter Lebensart. Geschicklichkeit wird verlangt, gewiß, aber wer die erst mal im Handgelenk hat, braucht um das Glück im Spiel nicht länger zu buhlen

Menge
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Original Inhaltsbeschreibung:

  • Über Leute
  • Fragebogen: Andr6 Heller
  • Durchschnittstrottel aus Österreich": Der Liedermacher Georg Danzer Wolfgang Sandner Fotos Barbara Klemm
  • Wenn die Sau ins Nest rutscht: Beobachtungen beim Boule Hans-Heinrich Pardey Fotos Klaus Bossemeyer
  • Schwierigkeiten beim Abheben: Das amerikanische Raumfahrtprojekt Space Shuttle Dieter Vogt Fotos James L. Long
  • Kalender der Woche
  • Cartoon: ABC-Geschichten Hans Hillmann
  • Waren-Welt: Pariser Grandhotels Horst-Dieter Ebert
  • Schach Roswin Finkenzeller
  • Matchbox: Worum geht's? Gurkenstein
  • Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Streichholzspiel
  • Titel

Tausend minus neunundneunzig gleich Fortschritt

Der Fortschritt, klagte Musil einmal, könnte etwas Schönes sein, wenn er bloß mal anhalten würde. Musil war Österreicher. Aber der Fortschritt ist ja unaufhaltsam, selbst wenn er, wie der Schweizer Amiel ketzerte, daran zu erkennen ist, daß sich tausend Dinge vorwärts und neunhundertneunundneunzig zurückbewegen. Ein Promille immerhin konzediert er der Zukunft.
Daß diese wieder mal begonnen hat, wird man demnächst überall lesen, wenn das Pendeln zwischen Himmel und Erde beginnt. Angesichts der gigantischen Fähre ins All — Thema dieses Heftes — wird man wieder fragen mögen, wie dies dem Fortschritt der Menschheit diene. Amerikaner machen sich da die Antwort leicht: „Put up or shut up", sie packen's lieber an. Und ein bißchen zum Anfassen muß es auch noch sein. Seit uns nämlich die NASA-Ingenieure die Teflon-Pfanne gönnten, haben sie schon mal das halbe Land hinter sich. Seitdem lassen sie nichts mehr anbrennen und nutzen jede Gelegenheit, mit Hilfe eines eigenen NASA-Patent-Vermarktungs-Office den Segen des Schrittes fort ins All unter die Leute zu bringen. Vom Titan-Tintenschreiber bis zum Herzsondenersatz, von Kleinstkameras bis zur Höchstleistungsbatterie reicht die Liste der Segnungen des Alltags. Vom großen Geschäft mit dem All bleibt auch für all die Kleinen etwas, die sich im Souvenirladen der NASA am Kap Canaveral besonders umgarnt fühlen. Daddy kauft ihnen dort einen „Solar Energy Inventor's Kit" mitsamt einem schimmernden Scheibchen der fortschrittlichsten Sonnenzellen. Sie werden schon von der Funzel einer Schreibtischlampe dazu bewegt, einen 1,5-Volt-Motor zu drehen. Spätestens dann, wenn der Fortschritt seine Fußspur im Kinderzimmer hinterläßt, weiß man, daß er unabwendbar da ist. Der Progreß, Herr Musil, kommt nicht zum Stillstand, so wenig wie die „tanzende Bierdose", die sich Amerikas Kinder mit Hilfe der Solarzellenscheibe inzwischen bauen. Vom sparsamen Motörchen gekickt, hüpft und rattert die Dose, solange auch die Sonne darüber lacht. „Razzle-dazzle" nennen die Kids den Schepperspaß, zu dem einst ein starker Zwirnsfaden am Dosenboden genügte. Der war mal so fortschrittlich, daß der Jux noch im Dunkeln klappte. So haben alle Dinge ihre Licht und Schattenseiten.

Udo Pini

Heft Nr. 22 / vom 1 August 1980

Seitenanzahl: 31 Seite

FAM-DE.1980.nr.22

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