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Frankfurter Allgemeine Heft 50 / Februar 1981 - Weites Land
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Frankfurter Allgemeine Heft 50 / Februar 1981 - Weites Land

Titelbild: Weites Land: Wie endlos zieht sich das Asphaltband der Landstraße durch die monumentale Leere des amerikanischen Südwestens. Noch ist das Gelände wild-verwegen, die Natur unberührt. Doch unter der Erde ruhen Bodenschätze, auf die Amerika nicht verziechten kann

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Original Inhaltsbeschreibung:

  • Über Leute
  • Beim Theaterspiel am liebsten: Hans-Dieter Seidel
  • Weltmeister: Claus Peymann: Fotos Andrej Reiser
  • Wo der amerikanische Traum noch lebt: Text und Fotos Robert Held
  • Gärten aus Glas: Christa von Helmolt
  • Fenster von Tiffany: Fotos Elton Schnellbacher
  • Erste Fortsetzung des Tagebuchs: Johannes Gross, Zeichnung Arnold Schwartzman
  • Kalender der Woche
  • Fragebogen: Friedrich Dürrenmatt
  • Schach: Roswin Finkenzeller
  • Matchbox: Worum geht's? Gurkenstein
  • Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Streichholzspiel

So schnell geht das Volk nicht aus dem Theater

Es ist jetzt fünfzehn Jahre her, daß Claus Peymann bei der Frankfurter Experimenta Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ uraufführte. Es handelte sich, wie vielleicht noch einige ältere Herrschaften in Blue jeans wissen, um eine sorgfältig arrangierte Verbalinjurie in den schönsten Tönen, um den Theater gewordenen Ausdruck dessen, was man damals im deutschen Bühnenleben fieberhaft suchte: die Provokation des Zuschauers. Als O. E. Hasse wenige Jahre später einem schnarchenden Besucher über die Rampe hinweg auf den Kopf hieb, ließ sich der Erfolg dieser besonderen Art von Kunstpolitik schon nicht mehr aufhalten. Zwischen 1962 und 1972 verlor das Theater in der Bundesrepublik dreizehn Prozent seiner Gäste.
Das gefiel den Statistikern, die alle Jahre das Mißverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag ausrechnen, nun aber gar nicht mehr. Flugs sorgten sie für ein neues Klima, das vor allem die Begabtenreserven unter den möglichen Theaterbesuchern aus ihren Fernsehhäusern locken sollte. In Bochum machte Peter Zadek „Volkstheater fürs Revier“, in Nürnberg, wo die Weisheit schon immer durch den Trichter ging, half man sich mit einer einfachen Umbenennung des Schauspielhauses in „Volkstheater“, und selbst in Frankfurt fing Peter Palitzsch plötzlich an zu tümeln — mit einer Dialektposse zwischen zwei Zementstücken Heiner Müllers.
Die Zuschauer kamen wieder. Im Spieljahr 1978/79 kostete jeder Theaterbesucher den Steuerzahler nur noch 61,88 Mark. So billig wird er freilich nie mehr zu unterhalten sein. Denn schon haben sich die Regisseure neue Schikanen ausgedacht. Sie führen ihre Kundschaft in alte Fabriken und Schlachthäuser, lassen sie viele Stunden lang auf dem blanken Fußboden kauern oder sie bauen, wenn alles nichts hilft, ein bequemes, großes Schauspielhaus in lauter kleine unbequeme Spielstätten um. Man gewinnt den wahrhaft schmerzlichen Eindruck, daß sich der lästige Kartenverkauf in absehbarer Zeit erübrigen solle. Aber natürlich wird auch diese neue Bruch-Rechnung ohne den zähen Zuschauer gemacht. „Abonnenten sind nicht so leicht zu vertreiben“, warnte schon Nestroy seine Kollegen. „Es ist zum Staunen, was ein guter Abonnent vertragt.

Siegfried Diehl

Heft Nr. 50 / vom 13 Februar 1981

Seitenanzahl: 31 Seite

FAM-DE.1981.nr.50

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