Frankfurter Allgemeine Heft 140 / Nov. 1982 - D Annunzio
Titelbild: Schwulst und Schönheit. Als Gleichnis seines Lebens, seines Werks empfand der Dichter D Annunzio sein Haus am Gardasee
Original Inhaltsbeschreibung:
- Über Leute
- Der Poet hinter der Kamera: Hans-Dieter Seidel
- Xaver Schwarzenberger: Foto Gerd van Rijn
- Sechsundvierzigste Fortsetzung des Notizbuchs: Johannes Gross
- Gefiederte Affen: Udo Pini
- Der Papagei von A bis Z: Fotos Pete Dine
- Garten: Mut zum Efeu! Johannes Roth, Foto Marion Nickis
- Kalender der Woche
- Teil seines Geistes, Stück seiner Seele, Zeugnisseiner Inbrunst: Ute Diehl
- Das Haus des Gabriele D'Annunzio: Fotos Chris Broadbent
- Fragebogen: Gisele Freund
- Schach: Roswin Finkenzeller
- Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Streichholzspiel
- Titel
Von den Schicksalen Schiffbrüchiger oder Ein Hinweis auf den Papagei!
Arno Schmidt war nicht der erste, doch hat er es am heftigsten und öffentlich beklagt, daß der „Lederstrumpf" 'den deutschen Lesern nur verstümmelt als Jugendbuch zur Hand kommt, das niemanden ahnen lasse, von welchem Kaliber der Schriftsteller James Fenimore Cooper wirklich sei. Auch Daniel Defoes Roman von den Abenteuern des Robinson Crusoe haben wir fast alle bloß in versimpelten Zubereitungen gelesen. Das war ein geringeres übel, wenn nicht überhaupt ein Glück, denn das ungekürzte Original mit der dick aufgetragenen Moral vom einfachen Leben schläfert heute sogar die begierig dem Zeitgeist nachforschenden Anglisten ein. Defoes Verdienst ist es, daß sein Bestseller Scharen von Kollegen ermunterte, auch Robinsonaden zu schreiben. Kostprobe aus einer besonders spannenden: „Ich wollte meine Siebensachen auspacken; da indes meine Schöne sagte, es habe damit noch etwas Zeit, so nahm ich ihre Hand und küßte dieselbe. Dies schien sie zu verdrießen; daher schloß ich sie in meine Arme und küßte sie mehr als hundertmal, wodurch sie wieder völlig aufgeheitert wurde. Als ich ferner auch auf ihre Brust Küsse zu drükken wagte, wäre sie vor Entzükken fast in Ohnmacht gesunken, hätte ich es nicht beizeiten bemerkt und ihre Lebensgeister wieder zu sammeln gesucht." Wiederum ist das nicht der Originalton, sondern Bearbeitung. Die stammt allerdings von Ludwig Tieck, dem wir darikbar sein dürfen, daß er unter dem Titel „Die Insel Felsenburg" im Jahr 1828 eine Abenteuersammlung neu herausgab, die hundert Jahre zuvor von Johann Gottfried Schnabel in der Defoe-Nachfolge verfaßt worden war — zum Vergnügen eines Publikums, das sich für die Schicksale Schiffbrüchiger in fernen Urwelten und Urwäldern herzhaft erwärmen konnte. In diesem Heft geht es auch um Heimatlose, die sich in der Fremde behaupten müssen: um Papageien, die es nach Europa verschlagen hat.
Johannes Roth
Heft Nr. 140 / 44 Woche vom 5 November 1982
Seitenanzahl: 63 Seiten
Eigenschaften von diesem Artikel
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