Barzel will auf Nixon warten: Spätestens seit der vergangenen Woche weiß Rainet Barzel, daß sich die CDU/CSU durch ihr Nein zu den Ostverträgen zwischen alle Stühle setzt. Aus Paris brachte der Oppositionsführer die Einsicht mit: "Ich glaube nicht, daß Pompidou mir einen Glückwunsch schickt." Der Nein Sager will jetzt einen Aufschub gewinnen: Der Bundestag soll die zweite Lesung der Ostverträge bis nach Nixons Moskau-Reise aufschieben.
In Ost-Berlin: Luxus und Privat-Eigentum: Nach sechs Jahren Pause öffnet sich Ost-Berlin den Nachbarn von diesseits der Mauer als Metropole mit neuem Gesicht. Es glänzt mit einer alles überragenden Zentral Architektur, westlich orientierten Waren, eifrigen Kellnern. Für die Wiederkehr einer bürgerlichen Konsum-Hierarchie und Eigentums Bildung fand SPIEGEL-Reporter Peter Brügge markante. Hinweise: aufblühenden privaten Grundstückserwerb und Eigenheimbau am Stadtrandde sozialistischen Metropole.
Verwirrung in Frankfurt: An das "Chikago der sechziger Jahre" erinnert den Filialchef einer amerikanischen Fluggesellschaft der für eine Milliarde errichtete neue "Jumbo-Bahnhof" in Frankfurt - vorweg gelobt als eine perfekte Luftfahrtanlage. Als Fehlplanung erwies sich inzwischen die Tiefgarage (Kosten: 80 Millionen Mark); voller Tücken ist die Gepäckbeförderung, Rolltreppen funktionieren vorerst nicht; verwirrt und ohne Orientierungshilfe hasten die Passagiere durch das komplizierte Bauwerk.
Indira Gandhis erdrückender Wahlsieg: Sie beginnt ihren 18-Stunden-Tag mit Joga-übungen, trinkt nur Wasser, meidet scharf gewürzte Speisen und "will kein bequemes Leben": Indiens Regierungschefin Indira Gandhi, die bei den Provinzwahlen haushoch siegte. Für viele Inder, die sie "Mutter" nennen, ist sie "härter als jeder Mann".
Die Filzstiefel des Kommissars Breschnew: Zu Weihnachten 1943 hätten deutsche Landser an der Ostfront beinahe den Kommissar Breschnew gefangengenommen, den heute mächtigsten Mann im Kreml. Darauf wurden jetzt Moskauer Spitzengenossen aufmerksam gemacht. Ein sowjetisches Funktionärsblatt erinnert an Breschnews Kriegs-Meriten, die auffällige Parallelen zur Gegenwart erkennen lassen: Schon damals überschritt Politruk Breschnew seine Kompetenzen. Für Agitation zuständig, organisierte er Graupen und warme Hosen. Zehntausende Rotarmisten wechselten während des Angriffs die Stiefel - Breschnew hatte sie vorsorglich beschafft.
Playboy oder Neuer Mensch?: Ob Giangiacomo Feltrinelli als dilettieren der Anarchist verunglückte oder von italienischen Rechtsextremisten ermordet wurde, war auch bis zum letzten Freitag noch nicht aufgeklärt - mehr als eine Woche nach dem Italien skandalisierenden Dynamit-Tod des Mailänder Links-Verlegers. Für den SPIEGEL schreibt sein deutscher Freund und Kollege Fritz J. Raddatz über das "extreme Leben" und die bedeutende Lebensleistung des Mannes, der von seinen Verächtern "jetzt so leicht als terroristischer Playboy" geschmäht werde, manchen Bewunderern dagegen als "erster homo novus" erscheine.
Wassernotstand im Sommer?: Wird die Bundesrepublik, wie ein Uno-Bericht für das Jahr 2000 prophezeite, zu den "von Wasserknappheit bedrohten Gebieten" zählen? Westdeutsche Experten befürchten einen Wassernotstand schon für den bevorstehenden Sommer: Die Talsperren sind nur halb voll. Der Rhein, ökologisches Krisengewässer und nach anhaltender Winter-Dürre giftreicher denn je, droht "umzukippen".
Hahnemann trat nicht an: Verkehrsminister Leber ließ die SPD-Fraktion im unklaren darüber, daß der von ihm zum Bundesbahnpräsidenten vorgeschlagene frühere BMW-Manager Hahnemann Mitarbeiter des SS-Sicherheitsdienstes gewesen ist. Akten aus der NS-Zeit beweisen, daß Lebers Ex-Kandidat 1938 einen Antrag auf übernahme von der SA in die SS stellte. Er selbst bezeichnete sich damals als SS-Anwärter. In der vergangenen Woche verzichtete Hahnemann auf den Präsidenten-Job.
Stahlküchen verlassen den Konjunkturschatten: Nach einer mehr als zwölf Monate währenden Absatzkrise in der Stahlindustrie nahmen Produktion und Aufträge in den vergangenen Woche langsam, aber stetig zu, und die Preise für Walzstahlerzeugnisse zogen wieder an. Ein Aufschwung in den Hüttenbetrieben löst erfahrungsgemäß eine Konjunkturbelebung in der gesamten Industrie aus. Trotzdem geben sich die Stahlmanager an Rhein und Ruhr noch skeptisch.
Minister Ertl blieb in Brüssel hart: "Ich bin doch kein Feilscher", knurrte Agrarminister Ertl in Brüssel, als Frankreich überraschend eine zuvor gegebene Zustimmung zum sogenannten Grenzausgleich wieder zurückzog. Ohne diese zollähnliche Abgabe würden aufgrund der Mark-Aufwertung die westdeutschen Agrarimporte begünstigt und -exporte beeinträchtigt. Staatschef Pompidou hatte aus wahltaktischen Gründen auf Abbau des Ausgleichssystems gedrängt. Nach heftigem Streit behielt Ertl die Oberhand.