Brandt will Vertrauensfrage stellen: Wenn es nach Willy Brandt geht, wird am 26. November gewählt. Parlaments-Patt und Haushaltskrach haben den bislang zaudernden Kanzler überzeugt, daß er bei einer harten Haltung der CDU/CSU im Herbst die Vertrauensfrage stellen muß. Für den Kabinettsquerulanten Schiller hat dieser Entschluß nur Vorteile: Er darf vorerst bleiben.
Geht Barzel in die Falle?: Die Unions-Fürsten Strauß und Schröder treiben ihren ohnehin angeschlagenen Kanzlerkandidaten Rainer Barzel weiter in die Enge. Nachdem Franz Josef Strauß ihn bei der Ostdebatte geduckt hatte, versucht sich nun Rivale Gerhard Schröder als Fallensteller.
Reiseland DDR?: Westliche Touristik-Unternehmen versprechen sich Zugewinn vom zwischendeutschen Kontakt. Nach Unterzeichnung der Ost-West-Verträge wollen sie mit der DDR über neue Reiseprogramme verhandeln. Für die Wintersaison, lockt ein Frankfurter Reise-Manager, "sind noch ein paar Seiten weiß". Das Handikap ist freilich: Hotelbetten bleiben in der Ost-Republik vorerst knapp.
Entspannung mit Risiken: Mit dem Gipfel Breschnew-Nixon und dem Beschluß des Nato-Ministerrates. der von Moskau seit langem geforderten "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" zuzustimmen, hat die Entspannungspolitik neue Höhepunkte - und Risiken - erreicht. Im Salt-Abkommen gestehen die USA den Sowjets bei Interkontinentalraketen und Atom U-Booten überlegenheit zu. Die Sicherheits Konferenz in Helsinki darf nach dem Willen von Amerikanern und Sowjets nicht über das von Bonn favorisierte Thema des Truppenabbaus in Mitteleuropa verhandeln. Ein Bonner Diplomat: "Wenn die darüber nicht ernsthaft verhandeln wollen, gehen wir auch nicht nach Helsinki.
Polen: Attentat als Raubmord getarnt?: Zwei Männer, die den polnischem Politiker Jan Gerhard vorigen Sommer erstochen haben, stehen jetzt in Warschau als Raubmörder vor Gericht - Indizien lassen aber auf ein politisches Attentat schließen.
Elite-Polizisten schießen scharf: 42000 bewaffnete Raubüberfälle, allein in Häusern und Läden, zählte die New Yorker Polizei im vorigen Jahr. Gegen die Täter setzt sie Scharfschützen ein/die auf Hirn und Herz schießen sollen.
Gewalt ist ansteckend wie Cholera: Professor Friedrich Hacker, Präsident der Wiener Sigmund-Freud-Gesellschaft, Verfasser des meistgelesenen Buches über "Aggression", beantwortet in einem SPIEGEL-Gespräch Fragen nach dem psychologischen Hintergrund der Baader/Meinhof-Attentate - Fragen wie: Ist deutsche "Lust am Untergang" im Spiel? Hat die Auflösung sexueller Tabus die Brutalisierung bewirkt? Wie erklärt sich das "Totalmißtrauen" der Jugend gegen Eltern und Establishment?
Zerstritten er Ärztestand: Als machtvolle Abwehrfront gegen Kritik, vor allem gegen die SPIEGEL-Serie "Das Geschäft mit der Krankheit", war der Deutsche Ärztetag geplant worden, der letzte Woche auf Sylt stattfand. Doch statt der erhofften Einheit demonstrierte die Ärzteschaft Zerrissenheit. Kritik, vor allem am Vorgehen der obersten Standesfunktionäre, erhob sich aus den eigenen Reihen. Delegierte schrien einander nieder.
Waffenstillstand in der Union: Der CDU-Wirtschaftsrat und die eher linken Sozialausschüsse der Union üben sich in einer "Aktion Gemeinsinn". Um wenigstens in der Gesellschaftspolitik die Oppositionsreihen fest geschlossen zu halten, nehmen nun auch die Wirtschaftsräte einen arbeitnehmerfreundlicheren Kurs in Kauf. Das Ende des Waffenstillstands steht allerdings bereits fest: Im Falle einer Kanzlerschaft Barzelswill der Unternehmer-Club den linken Anstrich der Union möglichst wieder abkratzen.
Börse: 3,6 Milliarden für eine Brauerei: In dem größten Obernahmekampf der europäischen Finanzgeschichte streiten sich an der Londoner Börse die Filmfirma Rank und der Hotelkonzern Grand Metropolitan um den britischen Brauereikonzern Watney Mann. Für die Brauerei, die im Jahr 2,5 Milliarden Mark umsetzt bot zuletzt der Rank-Chef Sir John Davis den phantastischen Preis von 430 Millionen Pfund - 3,6 Milliarden Mark.
Die doppelte Moral der Schweizer Banken: Geheime Nummernkonten wurden dechiffriert, ein Tapezierer rückte zum Hotelier auf, und die renommierte Diamanten-Familie Goldmuntz zahlte annähernd eine Million Mark Schweigegelder: Der Lübecker Adolf Wilms erpreßte Steuerdefraudanten in Frankreich, Belgien und in den USA, deren Schweizer Konten er kannte. Ihm wurde in Basel daraufhin ein Prozeß gemacht, der erstmals den Nachweis gigantischer Steuerhinterziehungen der internationalen Geschäftswelt liefert - und die Macht und Moral der Schweizer Banken offenbart. Der Baseler Nationalrat Helrriut Hubacher befürchtet: "Eines Tages werden wir uns wiederfinden: moralisch versaut, außenpolitisch isoliert."