Der Spiegel Nr.27 / 26 Juni 1972 - Charterflug

Original Inhaltsbeschreibung:

In diesem Heft:

• In Beweisnot:
  "Wenn's stimmt, haben wir Glück gehabt", fand der verantwortliche "Stern"-Redakteur Heiner Bremer. In großer Aufmachung hatte die Illustrierte zu enthüllen versucht, daß die Moskauer Protokolle vom früheren SPD-MdB Herbert Hupka an den Springer-Vertrauten Hans Habe geschickt worden seien, der sie dem Großverleger und einigen ausgesuchten Freunden weiterreichte. Mit dem Beweis freilich hapert es, "Stern"-Informant Franz Disler beruft sich darauf, daß er die Journa­listen" von allem Anfang an gewarnt" habe. Und auch Minister Ehmke, der den ersten Kontakt mit Disler aufnahm, geht inzwischen auf Distanz.
• "Pickepacke - voll mit Sprengsätzen":
  Nach der Verhaftung von Ulrike Meinhof spulten die Fahnder "den Faden auf" - und fanden in konspirativen Wohnungen Schrapnell­waffen, Bombenvorräte und Sprengstoff zentnerweise (Seite 60), Mit Ulrike Meinhof, die sich von einer Pazifistin zur steckbrieflich gesuchten Terroristenführerin wandelte (Seite 62), verlor die Baader­Meinhof-Gruppe ihre "Chefin" (BM-Jargon). Ein linker Lehrer ("Diese Leute liefern der Rechten die Argumente gegen die Linken") gab der Polizei den Tip (Seite 70), ein linker Anwalt geriet in Verdacht, ein Kassi­ber geschmuggelt zu haben (Seite 68), Fast alle Fahndungserfolge ver­dankte die Polizei Hinweisen aus derTV-informierten Bevölkerung.
• Hilfe bei den Hausaufgaben:
  Lehrer, Eltern und Schüler vermögen das Problem der Hausaufgaben nicht mehr zu bewältigen, Es gibt zuviel  Lehrstoff und zuwenig Lehrer, und viele Mütter und Väter können ihren Kindern nicht mehr helfen. Neben Studienräten und Studenten helfen immer mehr private Firmen und ge­meinnützige Organisationen wie die Arbeiterwohlfahrt in vielen Städten und Gemeinden aus, Schülerkreise für Hausaufgaben ersetzen bereits weithin die Nachhilfestunden alten Stils.
• Kamen die Einbrecher aus dem Weißen Haus?:
  Im demokratischen Parteibüro in Washington wurden fünf Einbrecher ertappt, die Mikrophone ein- oder ausgebaut hatten: rechte Exil­ Kubaner, frühere CIA-Agenten und Parteigänger der Republikaner, Demokraten-Chef O'Brien sah "einen Draht zum Weißen Haus".
• Protokoll aus dem Bukowski-Prozeß:
  KGB-Offizier Nikitinski wurde von der China-Grenze an den Mos­kauer Flughafen versetzt, ermunterte seinen Schulfreund Bukowski zum Schmuggel eines Vervielfältigungsapparats - und zeigte Bukowski an, der SPIEGEL bringt Auszüge aus der Gerichtsverhandlung.
• Aggressions-Theorie angezweifelt:
  Die Anreger der Aggressions-Debatte der sechziger Jahre, wie Alexander Mitscherlieh und Konrad Lorenz, sehen sich neuerdings scharfer Kritik ausgesetzt. Ihre Kritiker, meist junge Professoren, meinen, daß die Trieb Konzeption der Psychoanalyse, wonach Aggression angeboren ist, die Kriegsgefahr erhöhe.
• Hebel verwechselt?:
  Bei einer .Boeinq 7270 hätte "das nicht passieren können", so lautete der Kommentar eines deutschen Piloten. Bei
  der BEA-" Trident", die vor­letzten Sonntag mit 118 In­sassen an Bord abstürzte, passierte es trotzdem. Zu früh, bei zu geringer Ge­schwindigkeit wurden die Vorflügel an den Tragflächen eingezogen. Die Folge: Der Passagier-Jet verlor an Auf­trieb und Höhe; er fiel wie "ein Stein vom Himmel".
• Deutsche Hotel-Silos in Polen:
  Polnische Staatsfunktionäre und deutsche Privatunternehmer einigten sich auf ein großes Geschäft. Die westdeutsche Maritim-Hotelgruppe baut den Polen gegen Umsatzbeteiligung und Beratungsfixum drei Komfortherbergen für devisenschwere Westtouristen. Im Gegen­zug heilen sich die Maritim-Manager polnische Bautrupps nach Deutschland, mit denen sie ihre eigenen Hotel-Silos billiger und schneller hochziehen wollen als mit dem heimischen Baugewerbe.
• Pfundkrise: Währungsfriede gescheitert:
  Sechs Monate nach dem Washingtoner Währungs­frieden zerbrach das mühsam geflickte System fester Wechselkurse aber­mals: Nach einer heißen Spekulation gegen das Pfund gab Englands Pre­mier Heath den Sterling­
  Kurs frei. Expertenschlie­ßen nicht aus, daß es zu einem Abwertungswettlauf kränkelnder Währungen, womöglich sogar des Dollar, kommt.
• Japaner erobern Lateinamerika:
  Fast 700 Millionen Dollar investierten die Japaner in den vergange­nen zwölf Jahren in Lateinamerika - mehr als die Deutschen. über 200 japanische Unternehmen ließen sich auf dem Subkontinent nieder. Durch enge Zusammenarbeit mit einheimischen Firmen versucht der asiatische Wirtschaftsriese Imperialismus-Vorwürfen vorzubeugen.

26 Juni 1972

Seitenanzahl: 138 Seiten

Sprache: Deutsch