Anfechtung der Bundestagswahl?: Das Ergebnis der Bundestagswahl wurde schon vor dem Wahltag angezweifelt: weil Wähler aus West-Berlin am Rande der Legalität für SPD, CDU und FDP ihre Stimme abgegeben hatten. Es käme zu örtlichen Neuwahlen, wenn sich herausstellen sollte, daß durch unzulässige, Berliner Stimmen die Mandatsverteilung im Bundestag verfälscht wurde.
Bürger gegen Bürgermeister: Immer häufiger streiten Bundesbürger selber für ihre Lebensinteressen - mit Demonstrationen für sauberes Wasser wie mit Aktionen für kleine Schulklassen. Politologen sehen in solchen "Bürger-Initiativen" den Anbruch einer "neuen Phase" der Politik.
Kamera-Streife auf der Autobahn: Drängier auf den Autobahnen, die dem vorausfahrenden Automobilisten bei hoher Geschwindigkeit gefährlich dicht auf die Stoßstange rücken, werden jetzt mit zivil aufgemachten Polizeifahrzeugen aufgespürt. Niedersachsens Verkehrsüberwacher haben eine neue Meßmethode - Kameraschuß aus dem Heckfenster - entwickelt, die Abstand wie Tempo des Autofahrers zeigt.
USA: Schlacht um Europa?: Im Frühjahr kommt Richard Nixon nach Europa; denn in der Alten Welt sieht er "eines der größten Probleme" seiner zweiten Amtszeit: Europa mit seiner erweiterten EWG ist den Amerikanern zu stark geworden.
Wiener Fernseh-Bund mit Springer: Wiens sozialistischer Kanzler Kreisky tat sich für ein geplantes Kassettenfernsehen mit Axel Springer und dem exilungarischen Geschichten Händler Josef Ferenczy zusammen. Kreisky zu der Kumpanei: "Auch bei einer Blinddarmoperation fragt man den Arzt nicht nach der Partei.
Japan: Die "unheimliche Dritte Kraft": "Daß all dieses Geld von geistig normalen Menschen gespendet worden ist", hielt der japanische Sozialistenfunktionär Nishimura für unmöglich. 370 Millionen Mark hatten Mitglieder der neobuddhistischen Sekte Soka Gakkai binnen vier Tagen aufgebracht, um einen Tempel zu bauen, der alle anderen an Größe übertreffen sollte. Mit 20 Millionen Anhängern ist die Sekte Japans "unheimliche Dritte Kraft". Ihr offiziös-politischer Arm, die Komeito Partei, stellt die drittstärksten Fraktionen in Ober- und Unterhaus. Die paramilitärisch organisierte Sekte gilt bei japanischen Intellektuellen als faschistoid.
Alte Meister rotieren wieder: Es, knistert, scheppert und rauscht, doch das Publikum liebt den Schellack-Sound aus der Stereo-Box. Die alten Meister kommen wieder. Historische Klassik-Aufnahmen überschwemmen die Schallplatten Geschäfte. In immer neuen "Super-Star-Serien" vermarkten die Konzerne musikhistorische Kostbarkeiten. Bruno-Walter-Einspielungen, eine auf 80 Langspielplatten angelegte Toscanini-Edition und Rubinstein-Reprisen werden "beinahe zum Nulltarif" angeboten.
Diagnose-Zentren vor der Pleite: Als eine Art Gesundheits-TüV waren die Diagnose-Zentren in westdeutschen Großstädten gedacht: Vorsorgeuntersuchungen mit Computerhilfe zum Preis von 350 Mark boten beispielsweise die DZM-Zentren in Frankfurt und München an. Doch statt der erwarteten 100 Patienten täglich kamen nur 20 am Tag. Nun sind auch diese letzten beiden westdeutschen Vorsorge-Zentren vom Konkurs bedroht.
Oetker ordnet sein Bier-Reich: Der Bielefelder Gemischtwaren-Milliardär Rudolf August Oetker läßt seinen Konzern reorganisieren und weit über die deutschen Grenzen hinausquellen. Der Backpulver-König, dem heute Nahrungsmittelfabriken, Tiefkühlketten, Reedereien, Brauereien, Sektkellereien, Banken, Versicherungen und eine moderne Fischfangflotte gehören, ordnet zunächst sein umfängliches Bier-Imperium, das auch die DDR Intershop-Läden beliefert. Gegen allzu flinkes Stillegen alter Fabriken hat jetzt ein internationaler Gewerkschafts-Kongreß protestiert, der sich allein mit Oetkers Reich befaßte.
Osthandel ohne Marx und Lenin: In Budapest trafen sich Industrielle aus Ost und West zum ersten umfassenden Kooperations-Kongreß: Nie zuvor wurden so detailliert Arbeitsteilung und Finanzverflechtungen zwischen kapitalistischen und kommunistischen Betrieben erörtert nie zuvor fanden sich in Ungarn so viele westdeutsche Spitzenmanager ein. Commerzbank-Vorstand Robert Dhom stellte verblüfft fest, im Ost-West-Handel sei man "nach jahrzehntelanger Unterbrechung wieder da, wo unsere Großeltern waren".
Titos Feldzug gegen Korruption: Millionenbeträge scheffeln jugoslawische Parteifunktionäre und gewiefte Unternehmer in ihre Privatschatullen. Jährlich werden in Jugoslawien Bestechungsgelder in Höhe von insgesamt mindestens 60 Millionen Dollar gezahlt. Staatschef Tito führt nun eine Kampagne gegen Korruption und den Wohlstand überhaupt. Der Feldzug liefert dem in seiner Führungsposition geschwächten Marschall zugleich Vorwände bei der Abrechnung mit liberal gesinnten Kommunisten seines Landes.