Privat-Ausbildung für Juristen: Mit dem Slogan "Wenn Dichgans putscht, kuscht die SPD" protestierten in Bonn junge Juristen gegen ein neues Gesetz. CDU-MdB und Industrieverbands-Manager Hans Dichgans hat mit SPD-Hilfe erreicht, daß künftig ein Jahr Jura-Studium auf privaten Rechtsschulen absolviert werden kann. Der Verband Junger Juristen fürchtet, industrieeigene Schulen würden einseitig indoktrinierten Nachwuchs ausbilden.
Neuer Auftrag für die Marine: Bei der Nordsee-Übung "Wellenreiter" probte die Bundesmarine vor Verteidigungsminister Helmut Schmidt ein neues Konzept: Ihre großen Schiffe sollen im Ernstfall nicht mehr die Ostsee-Ausgänge sondern die Nordsee gegen Rußlands Großflotten sichern. Nach einer Bonner Studie ist das allenfalls möglich, wenn einige "schwimmende Marine-Museen" (Flottenchef Zimmermann) als vollwertige Kampfschiffe gezählt werden. Bei "Wellenreiter" geübte Gefechtstaktik. Überfallartiger Angriff, dann schnelles Absetzen.
SPD-Streit um Wohnungsbesetzungen: Kein privater Vermieter, sondern zum erstenmal der Staat ist betroffen, seit in Kassel bundeseigene Wohnungen besetzt wurden. Die Aktion von Studenten und Obdachlosen trieb die regierenden Sozialdemokraten in Bonn und in der Hessenstadt gegeneinander.
"Titanische Schlacht" in USA: Die Enthüllung der Regierungs-Lügen über Vietnam hat zu einer "titanischen Schlacht" zwischen US Presse und US-Regierung geführt - in einem Augenblick, da prominente Amerikaner gegen die Lügen über Amerika aufgestanden waren. Daniel Ellsberg, der die Vietnam-Geheimnisse wahrscheinlich preisgab, ist neuer Held.
China: Rote Garde vor Gericht: Mit der Rückkehr zur klassischen Diplomatie distanziert sich Peking von den Exzessen der Kulturrevolution, als Rotgardisten Außenpolitik betrieben: Sie belagerten und brandschatzten fremde, Botschaften, besetzten das Außenministerium, plünderten die Archive und nahmen den Außenminister Tschen Ji ins Verhör. Dessen Amt führte vier Tage lang der Rotgardist Jao Teng-schaner steht jetzt vor Gericht.
Forscher fordern Mitbestimmung: 4000 Mitarbeiter mühen sich in der Max-Planck-Gesellschaft um den Fortschritt der Wissenschaft. Doch wer was wann erforscht, bestimmen nahezu unangefochten die 206 "wissenschaftlichen Mitglieder" - und die westdeutsche Wirtschaft. Letzte Woche, auf der Hauptversammlung, meldeten die Mitarbeiter Forderungen an: Mehr Mitbestimmung der Forscher, weniger Einfluß der Fabrikanten.
Rückkehr der Lustseuchen: Noch vor anderthalb Jahrzehnten schienen Syphilis und Gonorrhöe fast ausgerottet. In den letzten Jahren aber stieg die Zahl der Erkrankungen vor allem in Ländern wie Schweden und Amerika wieder rapide an. Nun hat die Welle offenbar auch Westdeutschland erreicht. Doch nicht Prostituierte - wie oft vermutet - sind die Hauptansteekunqsqefahr, sondern freizügiger vor- und Straßenprostitution außerehelicher Verkehr.
Streik bei der Chemie: Die Industriegewerkschaft Chemie versucht mit einer neuen Taktik - Voll-, Teil-, Sitz- Oder Bummelstreiks ohne Vorwarnung -, höhere Löhne durchzusetzen. Denn auf den konventionellen Streik halten sich die Chemiekonzerne durch gegenseitige Hilfsabkommen schon eingerichtet. Bisher waren die Unternehmer nicht bereit, mehr als 6,5 Prozent anzubieten. Das würde gerade eben den Streikende Chemiearbeiter bei Hoechst Kaufkraftschwund der Mark decken.
Amerikaner erhalten Kama-Auftrag: Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Daimler-Benz, Ford, Fiat und weiteren europäischen und japanischen Automobil-Herstellern schlossen nun die Sowjets mit der amerikanischen Firma Mack Trucks einen Vertrag über die Errichtung des geplanten Lkw-Werks an der Kama. Das US-Unternehmen soll Maschinen und technisches Know-how für rund 700 Millionen Dollar liefern.
Kranker Mann Europas wird EWG-Mitglied: Nach zwei vergeblichen Anläufen Großbritanniens gab letzte Woche der EWG-Ministerrat England den Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft frei. Vom EWG-Anschluß erhofft sich Englands Industrie neue Wachstums-Impulse, ohne die das Land zum wirtschaftlichen Siechtum verurteilt wäre. Gegenwärtig steckt das künftige EWG Mitglied in der größten Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren.