Metaller-Streik beigelegt: Kanzleramts-Minister Horst Ehmke überredete Willy Brandt zu dem freihändigen Versuch, den Arbeitskampf beizuleqen, Die Arbeitgeber aber wollten nicht, daß der Kanzler aus diesem Geschäft politischen Nutzen für die sozialliberale Koalition zöge. Sie lehnten einen zuvor erarbeiteten Kompromiß ab, obwohl sie intern bereits zum Einlenken bereit waren (Seite 25). Drei Tage später einigten sie sich - ohne Kanzler - mit der IG Metall auf durchschnittlich sieben Prozent Lohnerhöhung. Die Gewerkschaft, die zunächst nur einem Tarifvertrag mit kurzer Laufzeit zustimmen wollte, muß jetzt bis Anfang 1973 auf die nächste Lohnrunde warten.
Partei der Reichen: Die Christenunion hat ihr Image prüfen lassen - das Ergebnis fiel nicht gut aus: Die CDU/CSU ist in der öffentlichen Meinung "eine Partei der Reichen und für die Reichen" mit "autoritären Zügen". Auf diese Umfrage gestützt, will eine Bonner CDU-Nachwuchsgruppe das Partei-Establishment auf Reformkurs bringen.
Mehr Kirchensteuern von Kinderreichen: Um eine Milliarde Mark reicher pro Jahr werden die Kirchen ab 1974, wenn ein Entwurf der Bundesregierung zur Einkommensteuer-Reform verwirklicht wird. Das Mehr-Geld brinqen vor allem Kinderreiche auf: Von einem Familienvater (zwei Kinder, 20000 Mark Jahresverdienst) verlangt der Staat 1082 Mark weniger, seine Kirche 35,80 Mark mehr.
Bangla Desch: Neuer Staat, neue Fronten: Während sich in der Uno die mit Indien befreundeten Russen und die mit Pakistan befreundeten Chinesen blockierten, umjubelten die Ostbengalen die vorrückenden Inder. Der neue Staat Bangla Desch scheint lebensfähig. Ostbengalische Guerillas wollen sogar gegen Westpakistan kämpfen, erklärte ihr Delhi-Botschafter in einem SPIEGEL-Interview.
Breschnew - kann man ihm trauen? Der Mann, der sich in Moskau und auf der Krim neben Brandt drängte ist er ein Apparatschik, ein Ideologe, ein Terrorist? Er ließ Prag besetzen und zwang dennoch die DDR auf Moskaus Ausgleichskurs. Der Friedenspreis für Brandts Ostpolitik gebührt zur Hälfte Breschnews Westpolitik. Moskaus Nummer eins will die Sowjet Union den Bedingungen einer gewandelten Welt anpassen.
Wikinger-Bild ohne Romantik: Was Rassen-Apostel und Volkstums Barden den Nordmännern andichteten und was so den Ahnen-Kult der NS-Zeit beflügelte, hat der erfolgreiche Sachbuchautor Rudolf Pörtner in einem neuen Buch ("Die Wikinger-Saga") zurecht gerückt. Danach waren die Wikinger keine hellblonden Recken, sondern von Rheuma geplagte, der Vielweiberei zu getane Seeräuber mit einer an Besessenheit grenzenden Reiselust und fast schon Ausgegrabenes Wikinger-Schiff genialen Fähigkeiten im Schiffbau.
Muskeln und Musen: Zum Kampf der Waden und Gesänge soll die Olympiade 1972 in München werden: Das soeben publizierte, "Kunstprogramm" der Spiele erweitert die Muskel-Messe um ein konservatives Frack-Festival. Kritische Kunstübungen laufen auf einer "Spielstraße" ab - die Hitler-Olympiade 1936 soll dabei aber möglichst nicht erwähnt werden.
Streitgespräch über die Konjunkturpolitik: "Die Politiker müssen im Konflikt zwischen konkurrierenden Zielen wählen", stellt Professor Olaf Sievert, Mitglied des Sachverständigenrats, in einem Streitgespräch mit Klaus Dieter Arndt fest. Arndt hält die konjunkturelle Talfahrt für so stark, daß Bonn expansiv gegensteuern müsse, selbst auf Kosten zusätzlicher Preisstabilität. Sievert aber will 1972 eher weniger Wachstum als anhaltende Preissteigerungen.
Duisburgs Kampf gegen Industrie-Smog: Eine "unzumutbare Verschlechterung der Lebensbedingungen" sieht Duisburgs Oberstadtdirektor Caumanns (S. 57) voraus, wenn der Bundeskonzern Veba das geplante petrochemische Werk vor den Toren der Stadt errichten sollte. 96000 Tonnen Schwefeldioxid würde die Großanlage jährlich in den ohnehin verschmutzten Himmel über Duisburg husten (S. 55). Das Projekt wird gegen den Widerstand der Stadtväter von Bund und Land Nordrhein-Westfalen gefördert.
USA fordern Kapitulation der EWG: Als Preis für die von US-Schatzminister Connally angebotene Dollar-Abwertung verlangen die Amerikaner nun von der EWG handelspolitische Zugeständnisse, die Europa nicht akzeptieren kann. Als letzte Woche Nixons Sonderbeauftraqter Eberle in Brüssel den Katalog, der Forderungen präsentierte, wirkte dies auf EWG-Präsident Malfatti "wie ein Schock". Eberle forderte die EWG zum Verzicht auf ihre bisherige Handels- und Agrarpolitik auf. So soll die Gemeinschaft ihre Landwirtschaft auf Viehzucht umstellen. Eberle: "Das Futtergetreide liefern wir dann."